Juli 2024
Story
Das verheerende Woolsey Fire im November 2018 zerstörte mehr als 1500 Gebäude in den Bezirken Los Angeles und Ventura. Eines davon war das Malibu-Ranchhaus mit Boden-Deckelschalung des Musikmanagers Rob Wells und seiner Familie. Sie wurden evakuiert und erfuhren erst im Nachhinein, was mit ihrem Haus passiert ist. «Es ist schwer, die Gedanken zu beschreiben, wenn man hinausblickt und eine apokalyptische Wolke auf einen zukommt», sagt Wells. Sie haben im Fernsehen gesehen, wie ihr Haus heftig brannte und zerstört wurde. Nichts blieb übrig, nur ein paar verkohlte, verbogene Metallhaufen.
«Wir unterhielten uns, und dann sah ich auf diesem grossen Fernseher mein Auto und unser Haus», erinnert sich Wells. Für Wells, seine Frau und ihre Kinder bestand der erste Schritt darin, das Trauma zu bewältigen und mit ihrer völlig neuen Situation klarzukommen. Kurz nach dem Ereignis machte Wells mit seinen Kindern einen Ausflug zu ihrem alten Zuhause.
«Das wollten wir schon immer tun und nun wurden wird durch den Brand dazu gezwungen. Der Brand war der Auslöser.»
«Ich bin das Risiko eingegangen und bin einfach mit ihnen vorbeigefahren. Wir näherten uns dem Haus von der Strasse aus. Und ich sagte: «Okay, wir fahren sehr langsam.» Als es in Sichtweite kam, war die Stille im Auto mit Händen zu greifen. Es war, als könnte man sie atmen hören. Vor dem Haus standen Mülltonnen, die im Grunde wie ein Dali-Gemälde geschmolzen waren. Und die Kinder haben sich kaputtgelacht. Und dann fing auch ich an, zu lachen. Und wir lachten etwa 15 Minuten lang, während wir zurück nach Santa Monica fuhren, wo wir dazumal wohnten. Ich erinnere mich, dass es eine Erleichterung war. Das war ein echter kathartischer Moment.»
Als Nächstes kam ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass sie zwar viele materielle Besitztümer verloren hatten, aber trotzdem alle in Sicherheit waren. «Alles, was wir verloren haben, sind nur Sachen.» Meint er. «Alles mit einem Herzschlag ist davongekommen.» Wells entschied sich schon bald dafür, das Haus wieder aufzubauen. Er hatte über einen Wegzug nachgedacht, aber er wollte nicht, dass seine Familie die Verbindung zu einer geliebten Gemeinde verliert. Und sie konnten sich nicht von dem herrlichen Grundstück trennen, das einerseits ein flaches Gelände in Strassennähe bietet – ideal für Sport und andere aktive Unternehmungen – und auf der anderen Seite einen weitläufigen Hang im hinteren Bereich mit einem majestätischen Ausblick auf das Meer und die Berge.
«Etwas aus dem Dreck zu ziehen und dabei zu sein und zu beobachten, wie es sich über einen Zeitraum von Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren verändert, halte ich für enorm wichtig. Es fühlt sich so an, als ob es wirklich ein Teil von uns ist.»
Wells’ Hartnäckigkeit und ein klares Gespür für das, was er und seine Familie wollten – zusammen mit dem aufmerksamen Entwurf ihres Architekten Jonas von Studnitz – führten zu einem spektakulären Haus mitten in der Natur mit gedämpftem Licht und ideal für ihren aktiven Lebensstil im Freien. «Das wollten wir schon immer tun und nun wurden wird durch den Brand dazu gezwungen», sagt Wells über das Projekt. «Der Brand war der Auslöser.»
Wells und seine Familie lebten während der Bauphase grösstenteils vor Ort. Zuerst auf ihrem «Campingplatz», der aus einem Wohnwagen, zwei Schuppen, einem Zelt und einer grossen Terrasse bestand. Als Nächstes in einer ausserhalb des Grundstücks errichteten Zusatz-Wohneinheit und schliesslich im Haus selbst. Es war eine herausfordernde Erfahrung, die sie noch enger zusammenschweisste. Es gab ihnen eine gewisse Bindung zum Haus und sie erhielten die Möglichkeit, das Haus kennenzulernen und es zu verstehen, während es gebaut wurde. «Etwas aus dem Dreck zu ziehen und dabei zu sein und zu beobachten, wie es sich über einen Zeitraum von Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren verändert, halte ich für enorm wichtig», so Wells. «Es fühlt sich so an, als ob es wirklich ein Teil von uns ist.»
«Es ist schwer die Gedanken zu beschreiben, wenn man hinausblickt und eine apokalyptische Wolke auf einen zukommt.»
Das Endergebnis ist ein L-förmiges Wohnhaus, das sich in Richtung der Aussenräume erstreckt und in jeder Hinsicht mit seiner Umgebung – Meer, Berg und Tal – Eins wird. Auf der Vorderseite umgibt das Gebäude einen grossen Pool, eine Terrasse, einen Essbereich im Freien und mehrere Freizeitbereiche, darunter ein Poolhaus, ein Fitnesscenter, eine Halfpipe und ein Basketballfeld. Im hinteren Bereich öffnet sich der Blick auf den weitläufigen, abfallenden Garten mit den schroffen Bergkämmen von Malibu im Hintergrund. Die Gemeinschaftsräume und der Aussenbereich waren dabei wichtiger als die Quadratmeter. «Unsere Kinder haben keine palastartigen Zimmer», so Wells. «Sie sind zum Schlafen und Arbeiten da, und vielleicht zum Spielen von Videospielen. Den Rest der Zeit sind sie draussen, im Schwimmbad, auf der Halfpipe oder dem Basketballplatz.»
Reihen von grosszügigen Sky-Frame-Türen verkleiden drei Seiten des Wohnzimmers. Sie können per App fast vollständig geöffnet werden, was Wells gerne vorführt. Die Natur bietet ein Schauspiel. «Es gibt immer etwas zu sehen», sagt Wells. «Es gibt eine Eule, die jeden Abend zu einer bestimmten Zeit vorbeifliegt. Da ist der Sonnenuntergang. Das Licht, das die Treppe zur Dachterrasse durchdringt, erzeugt gestreifte Schatten auf der Zedernholzverkleidung. So fügt er hinzu: «Es ist so weit weg vom Südosten Londons, wie man nur kommen kann», sagt er über die düstere Gegend, in der er aufgewachsen ist. Er erinnert sich an einen Fototermin am Tag zuvor. «Es gab viel Nebel über dem Meer. Aber es war trotzdem ein aussergewöhnlich schöner Tag.» So fügt er hinzu: «Am Morgen war es klar. Einige der Fotos wurden bei strahlend blauem Himmel aufgenommen, andere bei sehr gedämpften Licht. Jeder Tag bietet andere Möglichkeiten, sie zu betrachten.»
Zusätzliches Licht dringt über die Wand- und Dachfenster schichtweise und nuanciert ein. «Es ist eine Art Wasserfall aus kaskadenförmigem Licht», beschreibt Wells. «Man weiss, dass sich die Sonne zu dieser Tageszeit oder zu dieser Jahreszeit in eine bestimmte Richtung bewegt.» Vom zentralen Gemeinschaftsraum gehen weitere Räume ab mit denselben Ausblicken und Lichteinfall. Ein verglaster Gang grenzt an den Pool. Vor dem Hauptschlafzimmer befindet sich eine Aussendusche, die ihrerseits durch Glasfenster ungehindert mit der Aussenwelt kommuniziert. Wenn man die Treppe zur Dachterrasse hinaufgeht, entfaltet sich das Panorama.
«Das ist das kalifornische Leben», sagt Wells. «Der Hauptgrund, warum wir hier leben, ist die freie Natur. Wir wollen die Natur in unser Leben einbeziehen ... Wir surfen, wir fahren Mountainbike, wir fahren Snowboard, wir machen Wakesurfing.» Das tiefe Gefühl der Offenheit wird durch ein subtiles Gefühl der Intimität und des Schutzes ausgeglichen. Letzteres ist an einem Ort, an dem die Elemente – Sonne, Wind, Feuer, Regen – grausam sein können, ein Muss und wird durch die Verwendung natürlicher Materialien und passiver Strategien zur Minimierung der Umweltauswirkungen gemildert. Das durch Überhänge beschattete Gebäude ist so ausgerichtet, dass seine massiven Elemente den Standort vor den vorherrschenden Winden schützen. «Wenn wir uns nur auf den Meerblick konzentrieren würden, wäre die Immobilie zu exponiert», bestätigt Wells. «Wir haben den Vorteil, dass wir einen Blick auf das Meer haben, und das ist grossartig. Aber die Aussicht auf die Berge ist für mich der Knaller.»
Heimische Landschaftselemente und Bäume sowie robuste Laubholzflächen bilden einen Brandschutzrand. Das Haus ist sicher, ohne dass die Nachhaltigkeit oder die Verwendung natürlicher Materialien davon beeinflusst wird. «Meine Frau und ich sind sehr empfindlich gegenüber Umweltbelastungen. Wir wollten keinen Verbundstoffhaufen haben», sagt Wells, der auf dem Dach des Hauses eine Solaranlage installiert hat, die den Pool beheizt und eine wertvolle Notstromversorgung bietet. «Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um den Verbrauch der natürlichen Ressourcen der Erde zu begrenzen.» Nichts davon garantiert, dass das Haus nicht wieder in Flammen aufgeht. Ein geschlossener Bunker könnte das übrigens auch nicht. «Kalifornien hat schon immer gebrannt», sagt Wells. «Es gibt hier Pflanzen und Arten, die nur durch Feuer keimen können. Man kann das Risiko mindern, aber man kann es nicht vollständig auslöschen.» So fügt er hinzu: «Wir würden wieder anfangen. Das sind nur Sachen.»
«Wir haben einige verrückte Erfahrungen gemacht», sagt Wells abschliessend. «Für uns war es eine Erfahrung, an der wir gewachsen sind. Es hat uns definitiv näher zusammengebracht. Ich will ehrlich sein, es lief nicht immer glatt, aber es war sehr wertvoll, diese Erfahrung als Familie zu teilen. Ich glaube, unsere Kinder wissen, was es bedeutet, diesen Ort aufgebaut zu haben. Nicht nur Zeit und Energie von uns und dem Team, sondern auch finanziell und emotional. Und was wir als Familie durchmachen mussten, um dieses Gebäude zum Leben zu erwecken. Ich glaube, sie verstehen das, und ich denke, dass es deshalb etwas ganz Besonderes ist.» So fügt er hinzu: «Wir wohnen in einem wunderschönen neuen Haus mit herrlicher Aussicht. Es ist das Traumhaus, das wir uns bereits beim Kauf des Grundstücks vorgestellt haben.»
Über Rob Wells
Rob Wells ist CEO von Orfium, einer Plattform zur Verwaltung von Musikrechten und zur Entdeckung von Künstlern. Er ist eine institutionelle und preisgekrönte Führungskraft in der Musikindustrie mit 25 Jahren Erfahrung bei BMG und Universal Music Group (UMG) in Grossbritannien und den USA. Seit seinem Start als CEO im Jahr 2017 hat Wells Orfium zu einem leistungsstarken Partner für die meisten grossen Musiklabel und -verlage gemacht.
Architektur: von Studnitz Architects
Film: Borís Noir
Text: Sam Lubel