Silent Retreat

Text: designkollektiv Parameter wie Wertigkeit, Langlebigkeit, perfekte Verarbeitung und Präzision verbindet man wohl eher mit Schweizer Uhren - hier wurden diese Begriffe zur Grundlage für ein alles andere als klassisches Interior-Konzept. Understatement, Kompetenz und eloquente Gemütlichkeit waren die grundsätzlichen Ansprüche an die gestalterische Positionierung dieser Villa im Wienerwald.
Entsprechend der puren Linearität und betonten Horizontale der vom Architekturbüro Dominik Aichinger geplanten Außenhülle präsentiert sich demnach auch das von designkollektiv entwickelte Interiordesign reduziert und puristisch. Der hohe Grad an technischer Perfektion der Verarbeitung ist in jedem Detail ablesbar, das Material selbst bleibt dabei pur und natürlich. Ausdrucksstarke Natursteine prägen im Zusammenspiel mit textilen Oberflächen und fein gemasertem hellen und dunklen Holz den edlen, aber auch durchaus gemütlichen Charakter der Wohnräume. Die Transparenz und Offenheit der Konstruktion in Kombination mit den rahmenlosen Fenstersystemen der Firma Sky-Frame lassen die umgebende Natur unmittelbar in Austausch mit den Bewohnern treten und erlauben ein direktes Zwischenspiel mit deren saisonaler Buntheit, vor der sich das Haus und auch das Innenleben in seiner Farbigkeit dezent zurücknimmt. Mittlere bis helle, warme und kühle Grautöne, Holzschattierungen von dunkelbraun bis hellbraun sowie angenehme Naturfarben bilden das Hauptspektrum. Die wenigen punktuellen intensiveren Farbeinstreuungen frischen den Gesamtcharakter auf und betonen ausgewählte Bereiche.

Die geschossübergreifende Halle setzt der sonst stark betonten Horizontalen des Bauwerks ein beruhigendes vertikales Element entgegen. Eine einseitig eingespannte, schlanke, holzbelegte Stahltreppe verbindet die drei großzügig angelegten Wohnebenen miteinander und empfängt mondän den Ankommenden. Zwei abgependelte Lichtobjekte gliedern den Raum nach oben hin, die hängenden Lichtnetze der Leuchten Mesh von Luceplan multiplizieren sich abends in den Spiegelungen der 6 Meter hohen rahmenlosen Glasfront von Sky Frame. Jedem der Geschosse sind spezifische Materialien zugeschrieben, die mäanderförmig die Vor- und Rücksprünge der Vorbereiche begleiten und jedem Stock einen eigenen Charakter verleihen. Während rund um den Haupteingang im Untergeschoß elegante, textil bespannte Fronten akustisch die hellen Natursteinoberflächen der Böden ausgleichen, sind die Wandpaneele im ersten Stock in edlem dunklen Nussholz ausgeführt, das mutig mit dem hellen, gediegenen Eichenlangdielen der Firma Admonter kontrastiert. Die Hallenbereiche im Obergeschoß wiederum inszenieren sich dezent in matter Wandfarbe.

Neben dem repräsentativen Entree, befindet sich im Untergeschoß auch die großzügige Hauptgarderobe. Hier wird die Textilbespannung der Vorbereiche über die Kastenfronten weitergespielt. Die hellen, an Velourleder erinnernden Upholsteries von Kvadrat verleihen dem Raum dezente Eleganz. In einer dekorativen, integrierten Vitrine werden die farbenfrohen Lieblingshüte der Dame des Hauses ausgestellt. Das Ensemble wird mit einem rot bezogenen Sitzpouf der Serie Vuelta von Wittmann abgerundet. Rund um einen Patio sind in Folge Lager, Weinkeller und Wirtschaftsraum angeordnet, weiters liegen die Garage und eine Werkstätte auf dieser Ebene.

Im Erdgeschoss befindet sich im Anschluss an die Halle der repräsentative Wohnbereich: ein weitläufiger, offener Raum dessen rahmenlose Glasfront den Übergang zwischen Innenraum, überdachter Terrasse und Pool verschwinden lässt. Die Langdielen am Boden folgen der Hauptrichtung des Hauses und sind parallel zu den Fensterfronten verlegt. Hier sind die Funktionen Kochen, Essen und Wohnen zusammengefasst. Die nach außen kühl/elegante Steinfront der Küche, die mit einem integrierten Sitz- oder Bartresen zum Essbereich hin abschließt, ist nach innen in höchstem Maß funktional optimiert und technisch ausgereift ausgeführt. Die Masterkitchen erinnert in ihrer Anordnung an eine durchdachte Kommandozentrale, alle primär notwendigen Elemente sind im Radius einer einzigen Umdrehung angeordnet. Alle zusätzlichen Objekte sind in die Nebenküche verbannt, die sich durch eine unsichtbar in die Holzverkleidung eingebaute rahmenlose Türe den Blicken der Besucher vollkommen entziehen kann. Alle Bedienelemente, die in der hölzernen Rückwand untergebracht sind verschwinden bei Bedarf hinter Taschentüren. Es kann aber zudem auch der gesamte Küchenbereich durch eine seitlich ausziehbare Faltwand optisch ausgeblendet werden.

Eines der eindrucksvollsten Objekte im Haus ist der gewaltige Stein/Stahlkamin der Firma Mandl&Bauer, der den Wohnbereich einleitet. Die gezunderte Stahloberfläche des Aufsatzes chanchiert im Licht der Flammen in Grau und Brauntönen, der graue Marmor des Kaminsockels stammt aus dem gleichen Block wie die Oberfläche der benachbarten Küche. Dem Wohnbereich kann über eine Schiebewand eine gemütliche Bibliothek angeschlossen werden. Klassisch von Holzregalen gesäumt, bietet der Raum der gut sortierten Büchersammlung Platz. Neben einem Kamin, findet hier auch der Konzertflügel Platz. In einer gepolsterten Fensternische kann man mit Blick über die benachbarte Gartenlandschaft im Licht der knisternden Feuers ein gutes Buch genießen.

chanchiert im Licht der Flammen in Grau und Brauntönen, der graue Marmor des Kaminsockels stammt aus dem gleichen Block wie die Oberfläche der benachbarten Küche. Dem Wohnbereich kann über eine Schiebewand eine gemütliche Bibliothek angeschlossen werden. Klassisch von Holzregalen gesäumt, bietet der Raum der gut sortierten Büchersammlung Platz. Neben einem Kamin, findet hier auch der Konzertflügel Platz. In einer gepolsterten Fensternische kann man mit Blick über die benachbarte Gartenlandschaft im Licht der knisternden Feuers ein gutes Buch genießen.

Das Obergeschoß ist den privaten Bereichen vorbehalten. Hier sind auch die beiden Masterbadezimmer angesiedelt. Die beiden Räume wurden von designkollektiv im Detail an die 
unterschiedlichen Bedürfnisse der beiden Nutzer angepasst und könnten unterschiedlicher kaum sein. Während das Damenbad vergleichsweise verspielt mit femininen Formen und Farben arbeitet und sich mit dem Wandbild Niveum von Wall and Deco oder der Blätterleuchte Heracleum von Moooi durchaus auch an florale Themen heranwagt, prunkt das Herrenbad streng orthogonal in dunkelbraunem, expressiv gemaserten Marmor und spiegelt maskuline Eleganz wieder.

Umlaufende Fuge

Die wahre Feinheit der Gestaltung präsentiert sich hier im Detail - eine zarte 4 mm starke Fuge zieht sich auf 1.05 m Höhe über sämtliche Oberflächen, spiegelt die Linearität des Außenlebens in den Innenraum, fasst die Räume und Ebenen wie ein zartes Band zusammen, verbindet (oder trennt) die unterschiedlichen Materialbelegungen. In ihrer dezenten Perfektion leitet sie die Blicke durch den Raum und über die unterschiedlichen Oberflächen, skaliert weitet sich die Fuge zur Griffnische. Ihre grafische Eindeutigkeit im Raum dient auch der Orientierung der Bedienelemente - sowohl die flächenbündig versenkten Türdrücker, wie die Liftpaneele, Möbelgriffe und Lichtschalter sind axial auf diese Linie ausgerichtet.

Die Fuge an der Wand findet ihre Entsprechung in den ebenso umlaufenden schlanken Schattenfugen im Anschluss an Boden und Decke und lässt die Wände förmlich schweben. Mit einer Fugenhöhe von nur 15 mm wurde hier auch der allerhöchste Anspruch an die plane Ausbildung der Betondecken gestellt. Die Schattenfugen laufen von den holzbeplankten (oder textilen) Wandverkleidungen über verputze Wandsegmente, gehen auf Möbel und Türstöcke über und fräsen sich sogar in die Türblätter ein. In repräsentativen Bereichen ist der schlanken Fuge unsichtbar eine Bildschiene eingeschrieben, die modernen Kunstwerke der Privatsammlung können hieran abgehängt befestigt werden.

Die rahmenlosen Tapetentüren mit beidseitig unterschiedlicher Materialbelegung stellten ein weiteres Mal Planung und Ausführung vor außergewöhnliche Aufgaben. Um das Gesamtgewicht und die Türblattstärke zu minimieren mussten die Stärken der Steinbeläge auf nur wenige Millimeter reduziert gefräst werden. Einer der Kunstgriffe der Tischler Werkstaette Walder war es, die vom Gewicht und auch von der Spannung her unterschiedlichen Türblatt-Seiten so auszutarieren, dass die Türen trotz ihrer Masse verzugsfrei, sanft und leichtgängig funktionieren.