Landhaus in Weiningen

Durch eine Totalsanierung haben Salvini Rüegsegger Architekten eine Villa bei Zürich aus dem Jahr 1963 in ihrem ursprünglichen Ausdruck bekräftigt, indem sie frühere Eingriffe rückgängig gemacht und die Übergänge zwischen innen und aussen gestärkt haben.

Manchmal ist das Leben voller Zufälle. Eher zufällig sind die heutigen Besitzer auf diese 1960er-Jahre-Villa im Kanton Zürich aufmerksam geworden. Ebenso zufällig sind sie durch eine Empfehlung auf Salvini Rüegsegger Architekten gestossen, die das Haus für sie umgebaut haben. Und wie es der Zufall wollte, war Peter Rüegsegger nur zwei Wochen vor der ersten Kontaktaufnahme von einer Reise nach Kalifornien zurückgekehrt, auf der er verschiedene Case Study Houses besichtigt und sich mit der Architektur der kalifornischen Moderne auseinandergesetzt hatte.

«Dass ein solches Haus hier in der Nähe von Zürich steht und wir dann auch noch die Möglichkeit erhalten, es zu renovieren, hat uns sehr gefreut», sagt Peter Rüegsegger. «Wie wir im Verlauf der Gespräche erfahren haben, hatte sich der ursprüngliche Bauherr tatsächlich längere Zeit in Kalifornien aufgehalten und sich von den Gebäuden dort inspirieren lassen.» In Guex und Kirchhoff aus Genf fand der ambitionierte Bauherr die geeigneten Architekten, um seinen Traum vom Wohnen im kalifornischen Stil im Zürcher Limmattal Wirklichkeit werden zu lassen.

Das am Hang gelegene Haus erstreckt sich über drei Geschosse. Während im untersten die Garage und Abstellräume Platz finden, befinden sich in der mittleren Etage neben dem Entree Technik- und Kellerräume sowie ein Trakt mit mehreren Privaträumen. Das oberste, pavillonartige Hauptgeschoss ist sozusagen die Krönung des Hauses. Es besteht aus einem Tagesteil, dem entlang sich eine grossflächige Terrasse inklusive Pool erstreckt. Raumhohe Verglasungen gegen Südosten lassen das Innen und Aussen ineinanderfliessen. Das shedförmige Dach ermöglicht einen Lichteinfall auch von der Hangseite aus. An diesen offenen Bereich schliesst sich der Nachtteil mit zwei Schlafzimmern und einem Bad an.

Bis zum Verkauf an die heutigen Besitzer war das Haus in Familienhand geblieben und wurde zuletzt von einem Neffen des Erbauers bewohnt. Obwohl es zwischenzeitig umgebaut worden war, hatte es seine architektonische Kraft kaum eingebüsst. Die heutigen Besitzer waren sich der architektonischen Bedeutung des Hauses nicht bewusst, da sie selbst nicht sonderlich architektur- oder designaffin sind. Jedoch fühlten sie sich von der grosszügigen, lichtdurchfluteten Architektur mit ihren klaren Formen und rohen Materialien angesprochen, was beweist, dass viele Bauten der Moderne unserem heutigen Ideal von Architektur entsprechen und sie oft zu Unrecht wenig wertgeschätzt werden. Überzeugend war zudem die Lage mit der Aussicht über das Limmattal und die Stadt Zürich bis zu den Glarner Alpen.

«Anfänglich hatten wir noch einige Ideen, wie auch wir allenfalls unsere Wunschmaterialien einbringen wollten», so der Bauherr. «Aber mit der Zeit und unter dem guten Einfluss der Architekten haben wir die ursprüngliche Idee der Architektur und deren konsequente Umsetzung schätzen gelernt.» Auch Peter Rüegsegger schwärmt von der Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft. Nach genauer Analyse des Gebäudezustands und der Bedürfnisse der neuen Besitzer stellte sich heraus, dass die zunächst geplante Oberflächensanierung nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen würde. Und so willigte die Bauherrschaft schliesslich in eine Totalsanierung ein, die zu einem Jahr mehr Bauzeit führte und bei der neben einer energetischen Ertüchtigung vor allem die Stärkung der originalen Architektur und Materialisierung das Ziel war. «Es ist nicht selbstverständlich, dass die Bauherrschaft ein so grosses Verständnis für die zum Teil komplexen technischen Zusammenhänge und deren Auswirkung auf Entscheide mitbringt», sagt Peter Rüegsegger.

«Abgesehen vom Dach wurde das Haus komplett in den Rohbau zurückgeführt, um sämtliche Anschlussdetails und Aufbauten neu zu entwickeln und im Sinne des ursprünglichen Zeitgeistes neu aufleben zu lassen.» Der Entwurfsschwerpunkt lag beim Übergang von innen nach aussen sowie bei dem Raumfluss in der oberen Wohnebene. Durch das Anheben der Bodenhöhen und den Ersatz der Konvektoren vor den Fenstern durch eine Fussbodenheizung konnte ein schwellenloser Übergang zur Terrasse erreicht werden. Zudem wurde die Fensterfront ein Stück zurückversetzt und von den Stahlstützen entkoppelt, um die Dichtheit der Fassade zu garantieren. Und aus der anfänglichen Idee eines Glasersatzes wurden komplett neue Fenster.

«Wir haben mit den Architekten lange über die Idee gesprochen, den Boden von innen nach aussen fliessen zu lassen, und haben viel Zeit in die Auswahl des Bodenbelags investiert», sagt der Bauherr. «Nachdem wir aber in Frauenfeld die Sky-Frame-Fenster gesehen hatten, war eigentlich sofort klar, dass diese das Problem fast von alleine lösen.» Die rahmenlosen Schiebefenster unterstützen den pavillonartigen Ausdruck des Wohngeschosses und verleihen ihm noch mehr Leichtigkeit. «Die Öffnungen haben wir neu nach den Bewegungen im Raum gesetzt», erläutert Peter Rüegsegger. So ist die Fensterfront gegen Osten heute festverglast.

Die Fensterrahmen wurden in einem dunklen Braunton gewählt, damit sie sich optisch mit der Farbe der Holzträger verbinden. Im gesamten Wohn- und Essbereich sowie im Atelier wurden grossformatige Kalksteinplatten verlegt, die dem Stützenraster folgen und hierfür auf der Baustelle zugeschnitten wurden; im Aussenbereich gehen diese in Waschbetonplatten in freier Anordnung über. Der grosszügige Raumeindruck wird ausserdem durch die Öffnung der Küche unterstützt. Als Gegensatz zum Tagesteil ist der Nachtteil mit einem hochflorigen Teppich ausgestattet, der die Ruhe und Abgeschiedenheit betont und eine Reminiszenz an die 1960er-Jahre ist.

Der rohe Beton an der Fassade und im Inneren des Hauses, der teilweise gestrichen war, wurde von der Farbe befreit, gereinigt und wo nötig mit Spachtelungen und Retuschen ausgebessert, sodass er heute wieder den ursprünglichen Ausdruck hat.

Weitere Sanierungsmassnahmen wie etwa der Austausch der Heizungsanlage oder ein neuer Bodenbelag im Aussenbereich wurden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. «Wir haben bei diesem Projekt versucht, die Waage zu halten zwischen dem, was möglich und sinnvoll ist, und dem, was für das Objekt nötig ist», sagt Peter Rüegsegger. Das Resultat beweist, dass ihnen die Balance geglückt ist: Die 1960er-Jahre leben in dieser Villa für die Zukunft weiter und wirken dabei zeitgemässer denn je.