Wenn Licht zur Kunst wird: Olafur Eliasson

Er gilt als einer der wichtigsten und populärsten Künstler der Gegenwart: Olafur Eliasson. Die oft grossformatigen und skulpturalen Projekte und Installationen des dänisch-isländischen Künstlers streben danach, das Erlebnis der Betrachtenden zu intensivieren und zu erweitern. Eine zentrale Rolle spielen dabei Licht und Raum. 

 

Olafur Eliassons umfangreiches Œuvre setzt sich mit der Wahrnehmung und dem Erleben von Raum durch den Einsatz elementarer Materialien wie Licht, Wasser und Lufttemperatur auseinander. Eliasson ist Experte darin, Licht gekonnt zu nutzen und in seine Werke einzubinden. Mithilfe von Instrumenten wie Scheinwerfern, Projektoren, Spiegeln, Farbfiltern, Nebelmaschinen und optischen Linsen erschafft er Kunstwerke, die die alltäglichen Wunder der Natur einfangen: Schattenspiele, das Leuchten von Regenbögen oder Spiegelungen.  

Your Rainbow Panorama Kunstmuseum ARoS, Foto von Thomas Peham

Mit allen Sinnen 

Eliassons Werk ist tiefgreifend sensorisch und konzeptuell, wobei die Interaktion zwischen Betrachter, Objekt und Umgebung im Mittelpunkt steht. Sein Interesse an den fünf Sinnen und wie diese uns durch Erfahrungen leiten, ist ein konstantes Thema in seinem Werk. Eliasson schafft immersive Installationen, die die Sinneswahrnehmung herausfordern und die Trennlinie zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachtenden auflösen. Dabei beschäftigt sich der 56-Jährige nicht nur mit traditionellen Medien wie Skulptur, Malerei, Fotografie und Film, sondern erweitert seine Kunst auch auf architektonische Projekte und Installationen in Museen sowie im öffentlichen Raum, die darauf abzielen, ein Gefühl der Gemeinschaft und Selbstreflexion zu fördern.  

Your Rainbow Panorama Kunstmuseum ARoS, Foto von Simon Takatomi
Your Rainbow Panorama Kunstmuseum ARoS, Foto von Simon Takatomi

Mit der Umgebung verschmelzen 

Wer Eliassons Werke hautnah erlebt, behält sie in Erinnerung. Wie seine Monumental-Installation eines simulierten Sonnenaufgangs in der gigantischen Turbinenhalle der Tate Modern in London («The Weather Project», 2003), die 2,2 Millionen Besuchende anzog. Oder sein «One-way colour tunnel» (2007), eine begehbare Skulptur aus farbigem Glas mit kaleidoskopischen Perspektiven. Für sein Projekt «Green River» (1998-2001) färbte er das Wasser von Flüssen an verschiedenen Orten der Welt mit einem ungiftigen, grünen Farbstoff ein. Bei «The New York City Waterfalls» (2008) installierte Eliasson vier grosse künstliche Wasserfälle rund um die Spitze Manhattans, unter anderem unter der Brooklyn Bridge.  

The Weather Project in der Tate Modern in London, Foto von Christer Ehrling

Beispielhaft für Eliassons Ansatz, Kunst mit architektonischen Elementen zu verbinden, steht «Your Rainbow Panorama», das seit 2011 das Dach des Kunstmuseums ARoS im dänischen Aarhus krönt. Der durchgehende Rundgang aus farbigem Glas bietet eine 360-Grad-Sicht auf die Stadt und lässt Besuchende durch ein Spektrum an Farben wandeln. Auch die Konzerthalle Harpa in Reykjavík, die 2011 ihre Pforten öffnete, beeindruckt mit einer von Eliasson entwickelten Glasfassade aus wabenartigem, dichroitischem Glas, das je nach Tageszeit, Lichteinfall und Wetter sein Aussehen verändert und die Lichtstimmungen der Umgebung einfängt. 

Konzerthalle Harpa in Reykjavík, Foto von Lance Anderson

In der Schweiz setzte Eliasson mit «Symbiotic Seeing» (2020) im Kunsthaus Zürich ein Zeichen. Die Ausstellung, die sich mit der menschlichen Verbindung zur Umwelt auseinandersetzt, forderte die Besuchenden auf, sich aktiv mit dem Prozess des Sehens zu beschäftigen und ihre Wahrnehmung von Natur und Klima zu hinterfragen. Im Mittelpunkt stand eine spektakuläre Licht- und Wolkenillusion, die auf die Menschenansammlung im Raum reagierte. Für seine dystopische Naturinstallation «Life» (2021) in der Fondation Beyeler flutete Eliasson die Innen- und Aussenräume des Museums mit grünem Wasser und schuf so ein dynamisches Kunstwerk, das Kultur und Natur miteinander verschmelzen liess.  

Life in der Fondation Beyeler, Foto von Ricardo Gomez Angel

Immersives Erleben 

Eliassons Arbeiten muten zart an und wirken gleichzeitig radikal. Sie sind einfach und doch kompliziert. Menschen, die sonst kaum Berührungspunkte mit Kunst haben, lassen sich ebenso davon begeistern wie Kunstkenner und -liebhaber. Die Werke sind schön anzuschauen, sinnlich. Sie faszinieren durch optische Täuschungen, inspierieren zu neuen Perspektiven, bringen zum Nachdenken – und sie machen Spass. Unberührt lassen sie niemanden.  

Konzerthalle Harpa in Reykjavík, Foto von Bernd Dittrich

Inspirationsquelle für Licht und Raum 

Eliassons Kunstwerke sind oft auch eine Inspirationsquelle für Raumgestaltung, in der Licht nicht nur eine funktionale Rolle spielt, sondern vor allem auch emotionale und perzeptive Erfahrungen prägt. Sky-Frame verfolgt mit seinen vielfältigen Fensterlösungen ein ähnliches Ziel. Licht – ob natürlich oder künstlich – hat die Fähigkeit, Gebäude und Innenräume zu transformieren. Rahmenlose Schiebefenster kreieren ein grenzenloses und lichtdurchflutetes Raumerlebnis: A view, not a window.

 

Text: Linkgroup, Julia Kliewer

Geboren 1967 in Kopenhagen und aufgewachsen in Island und Dänemark, studierte Olafur Eliasson an der Königlichen Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen. Heute lebt und arbeitet er in Berlin. Hier befindet sich auch das Studio Olafur Eliasson, welches er im Jahr 1995 als Labor für räumliche Forschung gründete und damit eine Plattform für interdisziplinäre Zusammenarbeit und künstlerische Experimente schuf. Das Studio-Team mit über 100 Mitarbeitenden setzt sich aus Handwerkern und spezialisierten Technikern zusammen, aus Architekten, Kunsthistorikern, Designern, Filmemachern und mehr. Sie alle arbeiten mit Eliasson zusammen, um Kunstwerke, Projekte und Ausstellungen zu entwickeln und umzusetzen – aber auch um zu experimentieren, zu forschen und zu kommunizieren.